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wiki:der_wilde_mann

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wiki:der_wilde_mann [2024/07/25 09:39] – ↷ Links angepasst weil Seiten im Wiki verschoben wurden 52.230.152.10wiki:der_wilde_mann [2025/05/24 04:45] (aktuell) norbert
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   * Der von Haaren bedeckte ''Esau'' steht als Jäger seinem kahlen und kultivierten Bruder ''Jakob'' gegenüber ([[https://www.bibelwissenschaft.de/bibelstelle/Gen%2025-36|Gen 25,29-34; 27,31]]). Starke Behaarung steht einerseits für Wildheit und andererseits für Dominanz über wilde Tiere ((''Mathias Winkler'': //Haare/Haartracht// in: [[https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/20185/|Bibellexikon]])).   * Der von Haaren bedeckte ''Esau'' steht als Jäger seinem kahlen und kultivierten Bruder ''Jakob'' gegenüber ([[https://www.bibelwissenschaft.de/bibelstelle/Gen%2025-36|Gen 25,29-34; 27,31]]). Starke Behaarung steht einerseits für Wildheit und andererseits für Dominanz über wilde Tiere ((''Mathias Winkler'': //Haare/Haartracht// in: [[https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/20185/|Bibellexikon]])).
   * Der ''Enkidu'' des [[https://www.lyrik.ch/lyrik/spur1/gilgame/gilgam1.htm|Gilgamesch-Epos]] (2./3. Jahrtausend BC in Mesopotamien) war völlig behaart und nur äußerlich menschenähnlich, lebte jedoch mit den [[wiki:tiere|Tieren]], bis ihn die Tempeldienerin ''Schamchat'' sieben Tage und Nächte lang verführte. Dabei erwarb er Einsicht, Vernunft und Sprache, so dass ihn fortan die Tiere mieden.    * Der ''Enkidu'' des [[https://www.lyrik.ch/lyrik/spur1/gilgame/gilgam1.htm|Gilgamesch-Epos]] (2./3. Jahrtausend BC in Mesopotamien) war völlig behaart und nur äußerlich menschenähnlich, lebte jedoch mit den [[wiki:tiere|Tieren]], bis ihn die Tempeldienerin ''Schamchat'' sieben Tage und Nächte lang verführte. Dabei erwarb er Einsicht, Vernunft und Sprache, so dass ihn fortan die Tiere mieden. 
-  * Als Wilder Mann mit [[wiki:stab|Keule]] werden dargestellt:+  * Als Wilder Mann mit [[wiki:stock_und_stab|Keule]] werden dargestellt:
     * die indischen Lokapala,      * die indischen Lokapala, 
     * die hethitischen [[wiki:reisegoetter|Berggötter]],      * die hethitischen [[wiki:reisegoetter|Berggötter]], 
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   * Der //Vajrapāṇi// `der einen [[wiki:vajra|vajra]] in der Hand hält´ beschützt Buddha und erscheint auch als alter, bärtiger, wilder Mann.   * Der //Vajrapāṇi// `der einen [[wiki:vajra|vajra]] in der Hand hält´ beschützt Buddha und erscheint auch als alter, bärtiger, wilder Mann.
   * Der lateinische //Orcus// als Gott der Unterwelt erscheint in etruskischen Gräbern als haariger, bärtiger Riese, wurde italienisch zu orco, französisch zu ogre und deutsch zu oger - aber immer mit derselben figurativen Bedeutung.   * Der lateinische //Orcus// als Gott der Unterwelt erscheint in etruskischen Gräbern als haariger, bärtiger Riese, wurde italienisch zu orco, französisch zu ogre und deutsch zu oger - aber immer mit derselben figurativen Bedeutung.
-  * In der christlichen Überlieferung erinnern ''[[wiki:christophorus|Christophorus]]'' mit dem Wurzelstock und Knecht ''Ruprecht'' mit der Rute an den Wilden Mann. Christophorus war ursprünglich hundeköpfig und wurde wegen seiner Sprachbegabung mit herausgestreckter Zunge dargestellt.  +  * In der christlichen Überlieferung erinnern ''[[wiki:christophorus|Christophorus]]'' mit dem Wurzelstock und Knecht ''Ruprecht'' mit der Rute an den Wilden Mann. Christophorus war ursprünglich hundeköpfig und wurde wegen seiner Sprachbegabung mit herausgestreckter Zunge dargestellt. 
-    * ''Groschner, Gabriele''\\ //Seelenbegleiter und Jenseitsreisende//.\\ S. 168-191 in: Habersatter, Thomas ; Ducke, Astrid ; Groschner, Gabriele (Hrsgg.): Einmal Unterwelt und zurück. Die Erfindung des Jenseits; [[wiki:ausstellungsliste_mission_glaube_kirche|Ausstellung]] Residenzgalerie Salzburg, 21.7.–04.11.2012. Salzburg 2012. Christophorus als Kynokephale und Wilder Mann, Fußnote 83. +    *  → [[wiki:zeitleiste_patrone_unterwegs|Zeitleiste christlicher Schutzpatrone für unterwegs]]
-    * ''Siefker, Phyllis''\\ //Santa Claus, last of the wild men//\\ The origins and evolution of Saint Nicholas, spanning 50.000 years.\\ Jefferson, N.C. 1997: McFarland.+
  
 Den Zwischenraum außerhalb des befriedeten Raumes teilte der Wilde Mann mit mythischen Waldgeistern, die im Unterschied zum Wilden Mann jedoch Mischwesen sind wie der [[wiki:man_of_the_bush|man-of-the-bush]], Zwischenwesen wie ein Satyr mit Hörnern oder Bocksfüßen, über- oder unterirdisch hausend. Den Zwischenraum außerhalb des befriedeten Raumes teilte der Wilde Mann mit mythischen Waldgeistern, die im Unterschied zum Wilden Mann jedoch Mischwesen sind wie der [[wiki:man_of_the_bush|man-of-the-bush]], Zwischenwesen wie ein Satyr mit Hörnern oder Bocksfüßen, über- oder unterirdisch hausend.
-    * ''Hans Findeisen'' //Das [[wiki:tiere|Tier]] als Gott, Dämon und Ahne//, Kosmos Stuttgart 1956.+    * ''Hans Findeisen''\\ //Das [[wiki:tiere|Tier]] als Gott, Dämon und Ahne//\\ Stuttgart 1956: Kosmos.
  
 ==== Der Wilde Mann als Friedloser und Ausgeworfener im Mittelalter ==== ==== Der Wilde Mann als Friedloser und Ausgeworfener im Mittelalter ====
  
-Als **Waldgänger**, Warger oder **[[wiki:vargr|Vargr]]** ist er ein Friedloser oder rumelant (homo qui per silvas vadit) ((Grimm: Rechtsaltertümer 2. Ausg. S. 733)), weil er nicht friedlich in und mit seiner Gemeinschaft leben kann, daraus verstoßen wurde und wieder zum Tier wird. Daraus begründet sich eine moralische Norm und ein Rechtsgrundsatz, der den Waldgänger als ehrlos, rechtlos und [[wiki:heimatlos|heimatlos]] kennzeichnet, einen [[wiki:outlaw|Outlaw]] eben. Acht und Bann waren //de jure// keine Todesstrafe, liefen jedoch //de facto// darauf hinaus. Über viele Jahrhunderte bedeutete in Germanien zu siedeln mit der Großfamilie in einem einräumigen Langhaus mit Gesinde und Vieh zu leben. Wer dort ausgeschlossen wurde, fand keine neue Heimat in einer Welt, die kaum größere Dörfer und gar keine Städte kannte. Es blieb nur der Weg in den Wald. ((Oliver Berggötz: [[www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-128356|Rezension]] in: H-Soz-Kult 08.08.2022 zu: Steuer, Heiko: "Germanen" aus Sicht der Archäologie. Neue Thesen zu einem alten Thema. Berlin 2021)). Ursprünglich müssen diese Geächteten wohl Wolfsfelle getragen haben ((Wolf hoc est expulsus de eodem pagus; vargus esto, vargus habeatur; Wolfshaupt: quod anglice wulfes heved dicitur; ex tunc enim (uthlagati) gerunt caput lupinum ...)). Erst 1030 wurde ein Gesetz erlassen, das Waldgängern nach 20 Jahren in der [[wiki:wildnis|Wildnis]] die Rückkehr in die Gemeinschaft erlaubte. ((Grimm: Rechtsaltertümer. Leipzig 1922, Bd. 2, 335))+Als **Waldgänger**, Warger oder **[[wiki:vargr|Vargr]]** ist er ein Friedloser oder rumelant (homo qui per silvas vadit) ((Grimm: Rechtsaltertümer 2. Ausg. S. 733)), weil er nicht friedlich in und mit seiner Gemeinschaft leben kann, daraus verstoßen wurde und wieder zum Tier wird. Daraus begründet sich eine moralische Norm und ein Rechtsgrundsatz, der den Waldgänger als ehrlos, rechtlos und [[wiki:heimatlos|heimatlos]] kennzeichnet, einen [[wiki:outlaw|Outlaw]] eben. Acht und Bann waren //de jure// keine Todesstrafe, liefen jedoch //de facto// darauf hinaus. Über viele Jahrhunderte bedeutete in Germanien zu siedeln mit der Großfamilie in einem einräumigen Langhaus mit Gesinde und Vieh zu leben. Wer dort ausgeschlossen wurde, fand keine neue Heimat in einer Welt, die kaum größere Dörfer und gar keine Städte kannte. Es blieb nur der Weg in den Wald. ((Oliver Berggötz: [[https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-128356|Rezension]] in: H-Soz-Kult 08.08.2022 zu: Steuer, Heiko: "Germanen" aus Sicht der Archäologie. Neue Thesen zu einem alten Thema. Berlin 2021)). Ursprünglich müssen diese Geächteten wohl Wolfsfelle getragen haben ((Wolf hoc est expulsus de eodem pagus; vargus esto, vargus habeatur; Wolfshaupt: quod anglice wulfes heved dicitur; ex tunc enim (uthlagati) gerunt caput lupinum ...)). Erst 1030 wurde ein Gesetz erlassen, das Waldgängern nach 20 Jahren in der [[wiki:wildnis|Wildnis]] die Rückkehr in die Gemeinschaft erlaubte. ((Grimm: Rechtsaltertümer. Leipzig 1922, Bd. 2, 335))
   * ''Erler, A.''\\ //Friedlosigkeit und Werwolfglaube//.\\ Paideuma 1.7 (1940) 303-317. [[https://www.jstor.org/stable/40341066|Online]]    * ''Erler, A.''\\ //Friedlosigkeit und Werwolfglaube//.\\ Paideuma 1.7 (1940) 303-317. [[https://www.jstor.org/stable/40341066|Online]] 
  
 Strafrechtlich erwuchsen die Friedlosen aus dem germanischen Rechtsverständnis des Mittelalters. Dieses wurde bis ins [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] zunehmend institutionalisiert durch Kirche (Bann) und Herrscher (Acht).  Strafrechtlich erwuchsen die Friedlosen aus dem germanischen Rechtsverständnis des Mittelalters. Dieses wurde bis ins [[wiki:reisegenerationen#Ab dem 12. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] zunehmend institutionalisiert durch Kirche (Bann) und Herrscher (Acht). 
-  * Hut, Gürtel, Schuhe sowie Waffen galten auch als Insignien mit Hinweis auf Rechte des Trägers. Die Strafen von Bann und Acht sahen daher vor, dass der Bestrafte diese Dinge ablegen musste.+  * Hut, [[wiki:guertel|Gürtel]], Schuhe sowie Waffen galten auch als Insignien mit Hinweis auf Rechte des Trägers. Die Strafen von Bann und Acht sahen daher vor, dass der Bestrafte diese Dinge ablegen musste.
   * Insignien der Ehrlosigkeit und Heimatlosigkeit waren stattdessen Stirnband, Kleidungsstücke aus Naturmaterialien wie Moos oder Fell, eine rohe Keule (Ast mit Rinde) sowie starke Körperbehaarung.   * Insignien der Ehrlosigkeit und Heimatlosigkeit waren stattdessen Stirnband, Kleidungsstücke aus Naturmaterialien wie Moos oder Fell, eine rohe Keule (Ast mit Rinde) sowie starke Körperbehaarung.
     * ''Siuts, Hinrich''\\ //Bann und Acht und ihre Grundlagen im Totenglauben.//\\ (= Schriften zur Volksforschung, 1) XIII, 149  S. Bibliografie S. 145-149. Berlin 1959: de Gruyter.     * ''Siuts, Hinrich''\\ //Bann und Acht und ihre Grundlagen im Totenglauben.//\\ (= Schriften zur Volksforschung, 1) XIII, 149  S. Bibliografie S. 145-149. Berlin 1959: de Gruyter.
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